Mittwoch, 18. Juli 2007

Leserbrief Hauptschule

Leserbrief zu „Hauptschule muss heute als Restschule bezeichnet werden“

Bruchsaler Rundschau vom 18.07.2007

Glauben die Befürworter des zweigliedrigen Schulsystems tatsächlich, dass Kinder mit Migrationshintergrund und sozial benachteiligte Schüler in einem Gesamtschulsystem bessere Chancen hätten? Statt pauschal die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems zu fordern, sollten die Bürgermeister ihre „Hausaufgaben“ machen, sich informieren und konkrete Verbesserungen an „ihren“ Hauptschulen voranbringen.

Wer die Schulsysteme anderer Länder als Vergleich heranzieht, darf die entscheidenden Faktoren nicht verschweigen. Die Ausländerquote des Pisa-Siegers Finnland liegt z.B. bei ca. zwei Prozent. Die Einkommensunterschiede sind geringer als bei uns. In Finnland tragen die Gemeinden die Verantwortung für die Organisation des Schulwesens. Lehrkräfte sind keine Beamten und können nach Bedarf eingestellt und entlassen werden. Unterrichtsausfall wird durch eine Vertretungsreserve weitgehend vermieden und an allen Schulen gibt es Schulpsychologen und Sozialarbeiter. Die Klassen sind kleiner als in Deutschland und in größeren Klassen werden die Klassenlehrer durch Assistenten unterstützt. Schwache Schüler werden von Anfang an durch speziell ausgebildete Lehrer gefördert. Durch diese gezielte und frühe Förderung bestehen 60 % der Schüler das Abitur.

All das wäre auch in unserem dreigliedrigen Schulsystem möglich. Stattdessen werden Lehrerstellen gestrichen, Klassen aufgrund hoher Klassenteiler zusammengelegt und jahrgangsübergreifend unterrichtet, Förderstunden abgeschafft. Wie man der aktuellen Berichterstattung entnehmen kann, können im neuen Schuljahr teilweise nicht einmal die Pflichtstunden abgedeckt werden. Wen wundert da dann noch das schlechte Abschneiden des deutschen Schulsystems!

Im Übrigen sollte man sich fragen, was Schüler unserer Hauptschulen empfinden, wenn sie ständig als Schüler einer „Restschule“ bezeichnet werden? Es wird immer unterschiedlich begabte Schüler geben. Diese sollten differenziert unterrichtet und gefördert werden. An dieser Notwendigkeit ändert sich auch nichts, wenn man das dreigliedrige Schulsystem abschafft.

Ursel Scheurer
Schlossstrasse 7
68753 Waghäusel